Die stille Katastrophe
eine Umweltkrise, die übersehen wird
Russlands Überfall auf die Ukraine stellt den größten Krieg auf europäischem Boden seit dem Zweiten Weltkrieg dar. Zigtausende Opfer und die schwere Verwüstung ganzer Städte und Dörfer entlang des russischen Vormarsches haben die Welt erschüttert und führen den Zustand globaler Ungerechtigkeit sowie die Fragilität der europäischen Friedensordnung nach dem Ende des Kalten Krieges vor Augen.
Während die menschliche Dimension des Krieges von ukrainischen wie internationalen Aktivist:innen, Forschenden und Medien sorgfältig untersucht und publik gemacht wird, bleibt ein Aspekt der kriegsbedingten Verwüstung durch die russische Invasion noch immer unzureichend erforscht und beachtet — die Auswirkungen auf Natur und Umwelt.
Der fehlende Zugang zu den von Russland besetzten Gebieten in der Ukraine ist hierbei das größte Problem, um eine umfassende Darstellung der kriegsbedingten Umweltschäden zu liefern. Einige wenige umfangreiche Forschungspublikationen deuten jedoch darauf hin, dass die russische Invasion vielschichtige ökologische Störungen und Katastrophen ausgelöst hat, mit der Folge irreversibler Zerstörung geschützter natürlicher Lebensräume und Folgen für globale Ökosysteme in den kommenden Jahrzehnten.
Zu den wichtigsten Auswirkungen der Umweltzerstörung gehören:
Die Zerstörung lokaler Ökosysteme mit endemischer Artenvielfalt
nach der Sprengung des Kachowka-Staudamms
Durch die Zerstörung des Kachowka-Staudamms in der Region Cherson
durch Russland wurde ein Gebiet überflutet, das der Größe von
Nürnberg und Stuttgart zusammen entspricht (mehr als 600 km²). Durch
die Überschwemmungen wurden neben dutzenden Menschen auch
Abertausende von Tieren und Pflanzen in dem durch das von der EU
eingerichtete Smaragd-Netzwerk zum Schutz von Ökosystemen von
gesamteuropäischer Bedeutung unter Schutz stehende Gebiet getötet.
Langfristige Bedrohungen der globalen Ernährungssicherheit
Der russische Einmarsch in die Ukraine hat mit 174 000 km2 das
größte verminte Gebiet der Welt geschaffen — eine Fläche, die
der Größe von Belgien, den Niederlanden, der Schweiz, Slowenien und
Dänemark zusammen entspricht. Die Kontamination der Böden mit Minen
führte zu einer sofortigen Unterbrechung der weltweiten
Lebensmittelversorgungsketten. Die daraus resultierende Bedrohung
der globalen Ernährungssicherheit ist von Dauer.
Steigende Kohlenstoffemissionen
Mehr als 175 Millionen tCO2e übermäßiger Emissionen resultierten aus
der russischen Invasion in den ersten beiden Jahren des umfassenden
Krieges — eine Menge, die mit den jährlichen Emissionen von
Industrienationen wie den Niederlanden und Belgien oder Österreich,
Finnland, der Schweiz, Dänemark und Luxemburg zusammengenommen
vergleichbar ist.