Die Natur Am Abgrund

Auswirkungen der russischen Invasion und Besatzung auf die Umwelt

Die immensen ökologischen Schäden, die der russische Krieg in der Ukraine und weltweit angerichtet, werden in den internationalen Medien nach wie vor kaum thematisiert. Vitsche möchte die Menschen über die Umweltkatastrophe(n) informieren, die sich in der Ukraine aufgrund des russischen Angriffskrieges und der Besatzung seit 2014 und insbesondere seit der vollständigen Invasion seit Februar 2022 abspielen. Wir sind der Meinung, dass das Wissen um das Problem und deren Ausmaße der erste Schritt zur Bewältigung und Verfolgung der Täter ist.

Die stille Katastrophe

eine Umweltkrise, die übersehen wird

Russlands Überfall auf die Ukraine stellt den größten Krieg auf europäischem Boden seit dem Zweiten Weltkrieg dar. Zigtausende Opfer und die schwere Verwüstung ganzer Städte und Dörfer entlang des russischen Vormarsches haben die Welt erschüttert und führen den Zustand globaler Ungerechtigkeit sowie die Fragilität der europäischen Friedensordnung nach dem Ende des Kalten Krieges vor Augen.

Während die menschliche Dimension des Krieges von ukrainischen wie internationalen Aktivist:innen, Forschenden und Medien sorgfältig untersucht und publik gemacht wird, bleibt ein Aspekt der kriegsbedingten Verwüstung durch die russische Invasion noch immer unzureichend erforscht und beachtet — die Auswirkungen auf Natur und Umwelt.

Der fehlende Zugang zu den von Russland besetzten Gebieten in der Ukraine ist hierbei das größte Problem, um eine umfassende Darstellung der kriegsbedingten Umweltschäden zu liefern. Einige wenige umfangreiche Forschungspublikationen deuten jedoch darauf hin, dass die russische Invasion vielschichtige ökologische Störungen und Katastrophen ausgelöst hat, mit der Folge irreversibler Zerstörung geschützter natürlicher Lebensräume und Folgen für globale Ökosysteme in den kommenden Jahrzehnten.

Foto: Libkos

Zu den wichtigsten Auswirkungen der Umweltzerstörung gehören:

Die Zerstörung lokaler Ökosysteme mit endemischer Artenvielfalt nach der Sprengung des Kachowka-Staudamms
Durch die Zerstörung des Kachowka-Staudamms in der Region Cherson durch Russland wurde ein Gebiet überflutet, das der Größe von Nürnberg und Stuttgart zusammen entspricht (mehr als 600 km²). Durch die Überschwemmungen wurden neben dutzenden Menschen auch Abertausende von Tieren und Pflanzen in dem durch das von der EU eingerichtete Smaragd-Netzwerk zum Schutz von Ökosystemen von gesamteuropäischer Bedeutung unter Schutz stehende Gebiet getötet.

Langfristige Bedrohungen der globalen Ernährungssicherheit
Der russische Einmarsch in die Ukraine hat mit 174 000 km2 das größte verminte Gebiet der Welt geschaffen — eine Fläche, die der Größe von Belgien, den Niederlanden, der Schweiz, Slowenien und Dänemark zusammen entspricht. Die Kontamination der Böden mit Minen führte zu einer sofortigen Unterbrechung der weltweiten Lebensmittelversorgungsketten. Die daraus resultierende Bedrohung der globalen Ernährungssicherheit ist von Dauer.

Steigende Kohlenstoffemissionen
Mehr als 175 Millionen tCO2e übermäßiger Emissionen resultierten aus der russischen Invasion in den ersten beiden Jahren des umfassenden Krieges — eine Menge, die mit den jährlichen Emissionen von Industrienationen wie den Niederlanden und Belgien oder Österreich, Finnland, der Schweiz, Dänemark und Luxemburg zusammengenommen vergleichbar ist.

Den Verbrechen auf der Spur:

Kriegsbedingte Umweltschäden in der Ukraine im Detail

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Ernährungssicherheit

Die Ukraine ist der weltweit größte Produzent und Exporteur von Sonnenblumenkernen und -öl mit einem Anteil von 50% am Weltmarkt und der siebtgrößte Produzent von Weizen. Die durch die russische Invasion verursachte Unterbrechung der Produktion und Lieferketten im ukrainischen Agrarsektor hat die ohnehin schon prekäre Lage der weltweiten Ernährungssicherheit noch weiter verschlechtert. Die Länder Nordafrikas und Asiens sind mit am stärksten von dieser Folge des russischen Angriffskrieges betroffen.

Infolge der russischen Blockade der ukrainischen Seehäfen zu Beginn der Invasion und des späteren Beschusses von Getreidelagern sanken die ukrainischen Weizenexporte von 6,5 Millionen Tonnen monatlich vor dem Krieg rapide und konnten erst im Zuge der Einrichtung eines ukrainischen Getreidekorridors für Schiffe wieder auf 5,2 Tonnen pro Monat gesteigert werden. Zu den Ländern, die am stärksten von diesen Getreideexporten abhängig sind, gehören Ägypten, Jemen, Indonesien, Bangladesch und Tunesien.

Da 36% der ukrainischen Vorkriegsernte in unmittelbar von der russischen Invasion betroffenen oder besetzten Gebieten erzeugt wurde, musste knapp ein Drittel der ukrainischen Agrarunternehmen im ersten Jahr der Invasion seinen Betrieb einstellen.

Foto: Libkos Video: Divia Documentary

Flora und Fauna

Etwa 1350 Pflanzen- und Tierarten wurden durch die Folgen der Invasion geschädigt. Rund 80 Tierarten, wie der europäische Bison, der eurasische Luchs und der Braunbär, sind derzeit in der Ukraine aufgrund des russischen Krieges vom völligen Aussterben bedroht.

Die Naturschutzgebiete der Ukraine in den besetzten Gebieten sind besonders bedroht. Viele Tiere des Biosphärenreservats Askania Nova sind aufgrund der Militarisierung des Gebiets unter der russischen Besatzungsmacht entweder gestorben oder wurden verletzt. Allein im Jahr 2023 starben mindestens 150 Antilopen und vier afrikanische Büffel, u. a. durch Wilderei unter der Besatzung.

Darüber hinaus hat die drastische Veränderung ukrainischer Ökosysteme in der Nähe der Frontlinie globalen Vogelzugrouten unterbrochen, da das betroffene Gebiet Teil des größten meridionalen Zugvogelkorridors durch die Ukraine ist.

Foto: Libkos Video: Divia Documentary

Zerstörung des Kachowka-Staudamms

Die umfangreichsten lokalen Umwelterstörungen wurden durch die Sprengung des Kachowka-Staudamms ausgelöst: Durch den Abfluss wurde das gesamte Unterwasserleben des Stausees vernichtet, darunter bis zu 11.400 Tonnen Fische und ≈10.000 Weichtieren — die gesamte Population. Durch die Katastrophe wurde das gesamte Ökosystem irreversibel verändert: ein Viertel der neuentstandenen Flora in dem Gebiet sind gebietsfremde Pflanzenarten, die einheimische Pflanzen in ihren Lebensräumen verdrängen und so die biologische Vielfalt beeinträchtigen.

Bei der Überflutung der Gebiete unterhalb des Staudamms ertranken etwa 20.000 Landtiere. Darüber hinaus spülte die Flut mehr als 465 Tonnen Transformatorenöl des zerstörten Wasserkraftwerkes sowie im Stausee abgelagerte giftige Metalle, Pestizide und chlorhaltige Verbindungen ins Schwarze Meer, die zur Bioakkumulation von Chemikalien in Meerestieren geführt haben.

Es ist jedoch unmöglich, das gesamte Ausmaß der Schäden und die genaue Zahl der Opfer dieses Verbrechens zu ermitteln, da der Zugang zu den besetzten Gebieten am östlichen linken Ufer des Dnipro, einschließlich der von Russland kontrollierten Stadt Nowa Kachowka, nahe der sich der zerstörte Damm befindet, nicht möglich ist. Die tatsächlichen Schäden dürften daher viel höher sein.

Foto: Libkos Video: Divia Documentary

Wasser

Der plötzliche Einfluss großer Mengen von Süßwasser und giftiger Substanzen in das Schwarze Meer infolge der Staudammzerstörung führte zu einer Verringerung des Salzgehalts und bedroht hiermit Meeresökosysteme im küstennahen Bereich. Gleichzeitig führte der Abfluss des Kachowka-Stausees zu einem Anstieg des Salzgehalts von Oberflächen- und Grundwasser, mit der Folge, dass mehr als 1 Million Einwohner:innen keinen Zugang zu Trinkwasser mehr haben. Für die Versorgung müssen nun Filteranlagen und kilometerlange Wasserpipelines einspringen, deren Arbeit durch Stromabschaltungen beeinträchtigt werden.

Das Massensterben von Land- und Wassertieren sowie die Verschmutzung des Wassers durch Chemikalien, Deponien und Abwässer haben die Verbreitung von Krankheitserregern gefördert und das Risiko von wasserbedingten Krankheitsausbrüchen deutlich erhöht. Unmittelbar nach der Überschwemmung wurde eine Konzentration von E. coli-Bakterien festgestellt, die das zulässige Höchstmaß um das 5.000-fache überstieg. Dies stellt laut einem Bericht von Truth Hounds eine ernsthafte Gefahr für choleraähnliche Infektionskrankheiten dar.

Foto: Libkos Video: Divia Documentary

Böden

In den Gebieten nahe der Frontlinie sind die Böden in mehrfacher Hinsicht geschädigt:

Mechanische Schäden durch Bodenverdichtung infolge von Bombardierungen, Befestigungsanlagen und den Einsatz von schweren Militärfahrzeugen beeinträchtigen das Überleben von Flora und Fauna auf und unter der Bodenoberfläche.

Physikalische Schäden entstehen durch Erschütterungen aufgrund von Explosionen und Hitzewellen. Die Folgen der Kampfhandlungen führen zu extremen Wärme- und Feuchtigkeitsschwankungen und beeinträchtigen Bodenorganismen und die biologische Vielfalt.

Chemische Bodenverseuchung durch Kraftstoffe, Schmiermittel, Lösungsmittel und giftige Schwermetalle wie Blei, Kadmium, Arsen und Chrom stellt eine ernsthafte Bedrohung für die biologische Vielfalt in den betroffenen Gebieten dar. Die Schwermetallkonzentration an diesen Orten übersteigt die zulässigen Höchstwerte um das bis zu 23-fache.

Die künftige Regenerierung der Böden kann mit verschiedenen Methoden begünstigt werden, z. B. mit der Sukzession, chemischen Extraktion und Stabilisierung. Nach Ansicht von Expert:innen dauert es jedoch Jahrzehnte, die Böden wiederherzustellen.

Foto: Libkos Video: Divia Documentary

Nukleare Sicherheit

Das Kernkraftwerk Saporischschja in Enerhodar wurde in den ersten Tagen der Invasion durch die russischen Streitkräfte besetzt. Für den Kühlkreislauf des Betriebs entnimmt es Wasser aus dem Kachowka-Stausee. Nach der Zerstörung des Staudamms und dem Abfluss des Stausees mussten alternative Wasserquellen für die Kühlung gefunden werden — 11 neu errichtete unterirdische Brunnen. Das Wasser reicht zwar, um die 6 Reaktoren zu kühlen, die sich im Heißabschaltmodus befinden, jedoch nicht, um den Wasserbestand im Kühlbecken des AKW aufrechtzuerhalten. Laut der Organisationen Truth Hounds & Project Expedite Justice können die Kraftwerksblöcke unter diesen Umständen zwar im Heißabschaltmodus gehalten werden, „jedoch sei die Gefahr für Unfälle erhöht”.

Da das Kernkraftwerk Saporischschja das größte in Europa und eines der zehn größten weltweit ist, könnte ein möglicher Unfall dort zu einer nuklearen Kontamination führen, die das Ausmaß der Tschornobyl-Katastrophe erreicht oder sogar bis zu dreimal übersteigt. Die dabei entstehende nukleare Wolke würde sich weit über die Grenzen der Ukraine hinaus ausbreiten.

Foto: Libkos Video: Divia Documentary

Kohlenstoff-Emissionen

Zusätzliche 175 Millionen Tonnen CO₂-Emissionen sind in den ersten zwei Jahren seit Beginn der russischen Invasion entstanden, was nach Angaben der Initiative GHG Accounting of War & Ekodiya Research der Inbetriebnahme von 90 Millionen neuen Autos mit Verbrennenmotoren oder dem Bau von 260 Kohlekraftwerken mit je 200 MW entspricht. Ein Drittel dieser kriegsbedingten Emissionen wurde außerhalb der Ukraine und Russlands erzeugt und stehen hauptsächlich im Zusammenhang mit Veränderungen im globalen Luftverkehrs- und Energiesektor, was unterstreicht, dass die Auswirkungen dieser Emissionen nicht auf die Ukraine beschränkt sind.

Ein weiterer Faktor sind verstärkte kriegsbedingte Landschaftsbrände. Neben der Zerstörung von Waldflächen setzten diese Ereignisse zusätzliche 22,9 Millionen Tonnen CO₂ frei.

Darüber hinaus führten die ständigen Angriffe Russlands auf die wichtige Energieinfrastruktur der Ukraine zu einem unkontrollierten Austritt von Schwefel-Hexafluorid, einem der stärksten Treibhausgase. Diese Angriffe führten zu 17,2 Millionen Tonnen CO₂ an zusätzlichen Emissionen.

Foto: DSNS Video: Divia Documentary

Die globalen Folgen

Während Russland Lebensmittel als Waffe einsetzte, um die internationale Gemeinschaft unter Druck zu setzen und die Ernährungssituation für Menschen in kriegs- und krisengebeutelten sowie bevölkerungsreichen Ländern zu verschärfen, nutzte es die Abhängigkeit Europas beim Import fossiler Brennstoffe aus Russland aus, um seine strategischen Ziele zu erreichen. Die durch die russische Invasion ausgelöste Energiekrise veranlasste einige Länder dazu, den anvisierten Green Deal der EU-Kommission aufzuweichen. So musste beispielsweise Deutschland entgegen seines Plans, aus der Kohle auszusteigen, seine Kohleenergieerzeugung ankurbeln, wobei der Anteil der in deutschen Kohlekraftwerken erzeugten Energie im Jahr nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine 36,3% erreichte.

Das Comeback der Kohle blieb auch 2024 weltweit ein Thema — die weltweite Kohlekraftwerkskapazität stieg zum ersten Mal seit 2019 wieder an.

Zusätzlich zu den zusätzlichen CO₂-Emissionen, die durch die Kriegsaktivitäten und die Rückkehr der Kohle in vielen Ländern verursacht werden, zwingt russische Invasion auch einige Fluggesellschaften, internationale Flüge zwischen Europa und Asien umzuleiten, wobei die neuen Routen mehrere Stunden länger dauern und zusätzlich Tausende von Kilometern zurückgelegt werden müssen. Die Flüge von Japan Airlines zwischen London und Tokio beispielsweise dauern jetzt 15 statt 11 Stunden, und die Strecke ist um 2.800 Kilometer länger. Insgesamt können die zusätzlichen 24 Millionen Tonnen CO₂-Emissionen nach Schätzungen der Initiative on GHG accounting of war auf diese kriegsbedingte Entwicklung zurückgeführt werden, was den jährlichen Emissionen von Litauen und Estland zusammen entspricht.

In Anbetracht der Tatsache, dass nach den Angaben des Rechnungshofs der Ukraine bis zu 30% der gesamten ukrainischen Waldgebiete durch kriegsbedingte Brände und Russlands Taktik der „verbrannten Erde“ in Mitleidenschaft gezogen wurden, trägt die rasche Abholzung der Gebiete unter russischer Besatzung und in der Nähe der Frontlinie zum weltweiten Rückgang der Fähigkeit der Wälder bei, Kohlenstoffemissionen zu absorbieren. Da die Welt jährlich etwa 10 Millionen Hektar Wald verliert, ist diese zusätzliche Abholzung von 3 Millionen Hektar Wald ein bedeutender Schlag für die weltweiten Bemühungen, die Erderwärmung unter 1,5°C zu halten und die sich rasch verschärfende Klimakrise zu bewältigen.

Hoffnung im Chaos

In Anbetracht der Tatsache, dass die schlimmsten Fälle von Umweltschäden entweder in den besetzten Gebieten oder in unmittelbarer Nähe der Frontlinie auftreten, bleiben der fehlende Zugang und die unmittelbare Lebensgefahr durch Beschuss die wichtigsten Probleme für all jene, die versuchen, die Umweltzerstörungen zu dokumentieren. Dennoch hat die ukrainische Zivilgesellschaft den Kampf nicht aufgegeben und ist aktiver denn je, die Natur und Tiere trotz aller Gefahren zu schützen.

Zu den wichtigsten aktivitäten der ukrainischen Umweltaktivist:innen gehören:

Foto: Libkos

Rettung und versorgung

von Tieren, die unter den Folgen des Angriffskrieges leiden, und deren Evakuierung in sicherere Gebiete in der Ukraine oder anderswo nach Europa, einschließlich Deutschland. Einige dieser Initiativen arbeiten mit ausländischen Organisationen zusammen, z. B. mit dem deutschen Ableger von PETA.

UAnimals

UAnimals ist eine ukrainische Nichtregierungsorganisation, die sich durch einen wirksamen Kampf für Tierrechte und praktische Tierschutzaktivitäten einen Namen gemacht hat. Ein gesetzliches Verbot von Tieren im Zirkus in der Ukraine ist größtenteils ihr Verdienst, während eine andere Kampagne sieben große Modehäuser dazu brachte, auf die Verwendung von Tierpelzen zu verzichten. Seit dem Beginn der russischen großangelegten Invasion hat das Team von UAnimals folgendes erreicht:

  • 4.535 Tiere aus der Kampfzone evakuiert
  • über 981 Tonnen Futter an die vom Krieg betroffenen Tiere verteilt
  • über 21 Projekte zum Wiederaufbau von Tierheimen unterstützt
  • die Behandlung von 298 Tieren im Jahr 2023 finanziert, darunter 26 verletzte Tiere, die aus den Regionen Donezk und Cherson evakuiert wurden

Das 'Free Wings' Rehabilitationszentrum für Wildvögel

Das von Viktor Shelvinskyi, einem in Lviv ansässigen Tierarzt, gegründete Rehabilitationszentrum für Wildvögel hat im vergangenen Jahr über 200 Vögel behandelt und in die Natur zurückgebracht. Das Zentrum „Free Wings“ beherbergt und behandelt derzeit 386 Vögel von 64 verschiedenen Arten, von denen einige an der Front gerettet wurden.

Zoopatrol und Animal Rescue Kharkiv

Zoopatrol und Animal Rescue Kharkiv gehören zu den zahlreichen selbstorganisierten Aktivist:innengruppen, die nach der russischen Invasion beschlossen haben, aktiv zu werden und riskante Rettungseinsätze, um zurückgelassene Haustiere aus durch russische Streitkräfte zerstörten Städten zu retten. Neben den Evakuierungsmissionen und der Vermittlung von geretteten Tieren hat Zooportal mit den gespendeten Mitteln auch ein modernes Tierheim und eine Tierklinik in Irpin gebaut.

Initiativen für erneuerbare Energien

Durch gezielte russische Angriffe auf die ukrainische Energieinfrastruktur wurden über 50% der zentralen Strom- und Wärmeerzeugungskapazitäten des Landes zerstört, sodass Millionen Menschen zeitweise ohne Strom, Heizung und Wasserversorgung auskommen mussten. Diese Situation zwang lokale Gouverneure, Aktivist:innen und Forschende dazu, nach dezentralen und regenerativen Lösungen zu suchen, die dazu beitragen, die lebenswichtige Versorgung zu sichern.

Dezentralisierung der Energieversorgung in Schytomyr

Dank der landesweiten Dezentralisierungsreform in der Ukraine, die es den Gemeinderäten ermöglicht, die vor Ort erhobenen Steuereinnahmen eigenständig zu verwalten, konnte die Stadt Schytomyr ihre Energieinfrastruktur erheblich modernisieren. Selbst zu Kriegszeiten konnte sie ihren Kurs hin zu einer nachhaltigeren Energieerzeugung fortsetzen. Neben der Umstellung auf effizientere Stromerzeugung und der Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energiequellen verfolgt die Stadt auch die Dezentralisierung ihrer Wärmeversorgung durch den Bau hochmoderner Wärmekraftwerke, die lokal gesammelte Holzabfälle nutzen. Infolgedessen verbraucht die Stadt „nur noch halb so viel Gas wie vor zehn Jahren — statt 100 Millionen Kubikmeter, nur noch 47 Millionen“. Dadurch kann Schytomyr unabhängiger versorgt werden und ist weniger von Stromabschaltungen betroffen.

Workshops zu erneuerbaren Energien

Als Reaktion auf den wachsenden Bedarf an nachhaltigen und unabhängigen Energiequellen, den viele ukrainische Haushalte aufgrund der russischen Invasion verspüren, organisierte die in Winnyzja ansässige Umwelt-NGO „Synergy“ in Zusammenarbeit mit der Ukraine-Hilfe Berlin e.V. ein Webinar sowie einen praktischen Workshop zur Installation und Konfiguration hybrider Balkonsolarsysteme. Das Projekt brachte 25 Aktivist:innen, Akademiker:innen, Energiemanager:innen und Binnenvertriebene zusammen, die planen, Balkon-Solaranlagen zu nutzen. Dies soll ihnen die Möglichkeit geben, sich und ihren Gemeinden in Kriegszeiten zu einer zuverlässigen und nachhaltigen Energieversorgung zu verhelfen.

Forschung und Monitoring

Viele ukrainische Umweltorganisationen sowie einzelne ukrainische Akademiker:innen und Umweltaktivist:innen führen trotz des begrenzten Zugangs zu Daten erfolgreiche Forschungen in Zusammenarbeit mit europäischen Initiativen durch. Diese Arbeit ist von entscheidender Bedeutung, da viele umweltzerstörende Prozesse weiter anhalten und mit dem richtigen Wissen abgemildert werden können.

EcoCity — überregionale Monitoring-Zusammenarbeit

EcoCity ist ein Netzwerk von Umweltaktivist:innen aus 15 Regionen der Ukraine, die Daten über die kriegsbedingte Verschmutzung von Luft, Wasser und Boden sammeln und analysieren. Mit Unterstützung anderer lokaler Umweltforschungsprojekte wie Stop Poisoning Ukraine und Dovkola konnte EcoCity sieben festinstallierte sowie mobile Messstationen einrichten, die insgesamt 20 verschiedene physikalische und chemische Verschmutzungsparameter überwachen. Die Initiative hat auch eine digitale Plattform entwickelt, auf der Mitglieder Daten über kriegsbedingte Verschmutzung einstellen und austauschen können.

In ähnlicher Weise führen die Initiativen Dovkola und Stop Poisoning Ukraine ihre eigenen unabhängigen Messungen durch. Seit Beginn der russischen Invasion haben diese Initiativen gemeinsam Berichte über die Wasserverschmutzung durch die Zerstörung des Kachowka-Staudamms, die kriegsbedingte Luftverschmutzung und die Gammastrahlung in der Umgebung des Kernkraftwerks Saporischschja veröffentlicht.

Juristischer Kampf

Rechtskampf, um Russland nicht nur für seinen Angriffskrieg und die Annexion ukrainischer Gebiete zur Rechenschaft zu ziehen, sondern auch für seine vorsätzlichen Umweltzerstörungen.

Während die russische Invasion an sich eine Verletzung des internationalen Völkerrechts darstellt, zählen die großflächigen Umweltzerstörungen zu Kriegsverbrechen, die gemäß den Genfer Konventionen und dem Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) verboten sind. Dennoch gab es bisher wenig bis gar keine Praxis, Länder für Umweltverbrechen zur Rechenschaft zu ziehen.

Die Ukraine ist nun Vorreiter auf diesem Weg, indem sie vor dem IStGH 15 potenzielle Verfahren gegen Russland wegen verursachter Umweltschäden anhängig macht.

Ein weiteres Problem, auf das ukrainische und internationale Experten:innen hinweisen, ist der fehlende Straftatbestand des „Ökozids“ im internationalen Recht. In der Vergangenheit haben Länder wie Vanuatu und Fidschi versucht, sich für die Aufnahme eines Artikels über „Ökozid“ in das Römische Statut durch den Internationalen Strafgerichtshof einzusetzen. Die Ukraine setzt diesen Kampf nun im Rahmen der „Ecocide Alliance“ fort. Laut der ukrainischen Parlamentsabgeordneten Yuliia Ovchynnykova, einem Mitglied der Allianz, ist die Annahme einer „gemeinsamen und international anerkannten Ökozid-Definition” entscheidend, um Russland für seine Umweltverbrechen zur Rechenschaft zu ziehen.

Das Unsichtbare sichtbar machen:

Herausforderungen und Prognosen

Die russische Invasion führt in der Ukraine neben weiteren zu einer Reihe komplexer Umweltprobleme, deren Auswirkungen weit über das Land und sogar Europa hinausgehen – von der Bedrohung der globalen Ernährungssicherheit bis hin zum irreversiblen Verlust der biologischen Vielfalt in eng miteinander verbundenen Ökosystemen. Während bereits die sichtbaren Umweltschäden in der Ukraine zu Recht alarmierend sind, geben viele der nicht sichtbaren Umweltzerstörungen noch größeren Grund zur Sorge. Wie mehrere Expert:innen im Gespräch mit Vitsche feststellten, kann die begrenzte Möglichkeit zur Überwachung und Messung in den besetzten Gebieten dazu führen, dass Probleme erst bekannt werden, wenn bereits ein kritisches Ausmaß erreicht wird.

Wir haben nicht genügend Informationen darüber, was mit der Umwelt in den besetzten Gebieten geschieht, bis zu dem Zeitpunkt, an dem entweder das Ausmaß einer ökologischen Katastrophe erreicht ist oder deren Folgen nicht mehr zu verbergen sind. Man kann sich nur vorstellen, was mit der Umwelt geschieht, wenn man verfügbare Fotos oder andere Informationen aus offenen Quellen hat. Ausnahmen sind Situationen wie die in Kachowka – wenn es bereits eine ökologische Katastrophe ist.

Anastasiia Bondarenko Zentrum der Zivilgesellschaft 'Drukarnya'

Rechtsanalytikerin mit Spezialisierung auf Notfallrisikomanagement und umfassender Erfahrung in der Analyse von Umwelt- und Technologierisiken in den Donezk- und Luhansk-Regionen, Mitarbeit in Arbeitsgruppen, die sich mit dem Wiederaufbau der Ukraine befassen, insbesondere in den Bereichen Umweltsicherheit und Klimawandel

Dieses Problem betrifft nicht nur Daten zur Umweltverschmutzung oder den Zustand von Industrieobjekten. Die genaue Zahl der Opfer durch Katastrophen wie der Zerstörung des Kachowka-Staudamms durch Russland bleibt unbekannt und wird wahrscheinlich ermittelt werden können, ebenso wenig wie die Zahl der Menschen und Tiere, die aufgrund von nicht-Versorgung oder direkten Angriffe der russischen Besatzungstruppen seit 2014 gestorben sind. Wie die ukrainische Schriftstellerin Sofiia Andruchowytsch betonte:

Wie viele Menschen ums Leben gekommen sind, ist immer noch unbekannt, da sich die Hauptauswirkungen der Katastrophe [in Kachowka] am linken Ufer des Dnipro-Flusses ereigneten, das von Russland besetzt ist. Russland verschweigt noch immer die Zahl der Opfer. Niemand wird jemals zählen oder messen können, wie viele Tiere, Vögel, Fische, Krebstiere und Weichtiere in diesen Gebieten gestorben sind. Was haben ihre Schmerzen und ihr Leid bedeutet, wozu dienten sie, und warum mussten sie so viel Grauen ertragen?

Sofia Andruchowytsch Schriftstellerin

Being a prominent Ukrainian novelist, essayist, and translator, Andrukhovych sheds light on the scale of human and environmental devastation the Russian invasion has brought upon Ukraine, especially in her latest collection of essays titled “Everything That Is Human”

In Anbetracht der zahlreichen vernachlässigten und hochgefährlichen Industrieanlagen und Energieobjekte in den besetzten Gebieten, darunter das Kernkraftwerk Saporischschja, kann eine solche mangelnde Überwachung schwerwiegende Folgen für die Umwelt des gesamten Kontinents haben.

Langfristig ist das größte Problem und die größte Konsequenz für die Umwelt und die ökologische Sicherheit das ‚Fehlmanagement‘ in umweltgefährdenden Anlagen in den Regionen Donezk, Luhansk und Cherson. In [diesen] Regionen waren traditionell große Produktionen mit erhöhter Umweltgefährdung konzentriert — chemische und kokschemische Produktion, Metallurgie, GZK, chemische Pflanzenschutzmittel usw. Mit diesen ökologisch gefährlichen Produktionen gab es schon in Friedenszeiten Probleme. Unter den Bedingungen der Okkupation zeigt der Feind keinerlei Bestreben, ihre ökologische Gefährlichkeit zu berücksichtigen oder zumindest die Ausbreitung der von ihnen ausgehenden potenziellen Verschmutzung zu verhindern.

Maksym Soroka „Dovkola"-Netzwerk

Experte für ökologische Sicherheit und Umweltüberwachung, Koordinator des „Dovkola“-Netzwerks, außerordentlicher Professor an der Ukrainischen Staatlichen Universität für Wissenschaft und Technologie. Maksym hat wesentlich zur Entwicklung des bürgerwissenschaftlichen Modells der Umweltforschung in der Ukraine beigetragen.

Die Situation der Kohlebergwerke in den besetzten Gebieten ist besonders besorgniserregend. Viele der Kohlebergwerke sind miteinander verbunden, insbesondere durch das Grundwasser. Das bedeutet, dass bei einer Überflutung einer der Kohlegruben aufgrund mangelhafter Wartung, wie es in den besetzten Gebieten häufig vorkommt, auch die benachbarten Gruben überflutet werden und das Grundwasser mit Schwermetallen angereichert werden. In der Folge wird das Trinkwasser in der Region für den menschlichen Verzehr ungeeignet und die Böden unfruchtbar. Darüber hinaus geht die Verschmutzung durch giftige Schwermetalle weit über die regionale Ebene hinaus und kann sich europäischen Flussnetz und im Schwarzen Meer ausbreiten, wie Anastasiia Bondarenko feststellt:

Oft erfuhren wir erst von der Situation im ukrainisch-kontrollierten Gebiet, wenn die negative Folgen aus den besetzten Gebieten “kamen”, wie im Fall von Zolote, das zum Teil besetzt und zum Teil ukrainisch-kontrollierten war. Die Bergwerke „Perwomaiska“ und „Rodyna“, die sich im besetzten Teil der Stadt Zolote befinden, begannen das Bergwerk „Zolote“, das mit diesem hydrologisch verbunden ist, zu überfluten. 2018 kam es zu einem Durchbruch des Grubenwassers. Dieses vergiftete nicht nur den Boden und das Grundwasser mit Schwermetallen, sondern gelangte auch in das Oberflächenwasser – der Fluss Komyschuwacha färbte sich unnatürlich orange. Da war klar, dass dieses Wasser aus dem Fluss extrem verschmutzt ist. Und das ist nur eines von leider vielen Beispielen.

Der sichere Betrieb  dieser Kohlebergwerke sowie die regelmäßige Überwachung aller wichtigen Umweltparameter wie der Verschmutzungsgrade des Grund- und Oberflächenwassers sind daher von entscheidender Bedeutung, um Umweltkatastrophen größeren Ausmaßes frühzeitig zu erkennen und zu verhindern.

Eine weitere Folge der russischen Invasion ist die notwendige Verlagerung der landwirtschaftlichen Aktivitäten in Gebiete, die weiter von der Frontlinie entfernt sind, wie Bohdan Kutschenko, Experte für die Erhaltung von Ökosystemen bei Ekodiya, hervorhebt. Da weite Teile der ukrainischen Agrarflächen entweder besetzt oder durch Minen und Munitionsreste belastet sind, wirkt sich der zunehmende landwirtschaftliche und wirtschaftliche Druck auf die Flächen in der übrigen Ukraine negativ auf die biologische Vielfalt dieser Gebiete aus:

Die Verlagerung der landwirtschaftlichen Aktivitäten aus dem Osten und Norden des Landes in die sichereren zentralen und westlichen Regionen stellt ein Problem dar. Die ökologischen Folgen dieses Prozesses sind größtenteils negativ. Insbesondere wird die natürliche Umwelt unter Druck gesetzt, da mehr natürliche Ressourcen verbraucht werden. Das Land wird nun intensiv für landwirtschaftliche Belange genutzt, hierfür müssen zum Beispiel neue Infrastruktureinrichtungen in Gebieten gebaut werden, die vor der Invasion naturbelassen waren.

Bohdan Kutschenko NGO ‘Ekodiya’

Experte für Ökosystemschutz und Klimaanpassung. Durch seine frühere Tätigkeit in mehreren Umweltorganisationen, darunter WWF-Ukraine und Environment People Law, verfügt Maksym über umfangreiche Erfahrungen in der Analyse des rechtlichen Rahmens für den Umweltschutz und in der Umweltanwaltschaft.

Die großflächige Verseuchung des ukrainischen Bodens mit Minen ist ein langfristiges Problem, das über viele Jahrzehnte hinweg viele Lebewesen auf einer Fläche von 147.000 km2 — einem Gebiet von der Größe der Hälfte Deutschlands — vernichten kann. Libkos berichtete von seinen umfangreichen Erfahrungen mit Fotoreportagen aus den ukrainischen Grenzregionen:

Bei unseren Einsätzen im Osten [der Ukraine] müssen wir oft mit eigenen Augen sehen, welche Verwüstungen Russland in unserem Land anrichtet und wie Minen alles Leben zerstören. Niemand kann sagen, wie lange dies andauern wird, und das Schlimmste ist, dass die Entminung Jahrzehnte dauern könnte. In der Zwischenzeit wird unser Land verwundet bleiben, und das Leben darauf wird nicht zurückkehren.

Die Verminung von Feldern und Wäldern verwandelt einst wohlhabende und friedliche Orte in Todeszonen. Wo früher Feldfrüchte angebaut wurden, können jetzt jeden Moment versteckte Minen explodieren. Unsere schönen Wälder sind zu Fallen geworden, unter denen nicht nur die Menschen, sondern auch die Tiere leiden. Die Wälder sterben mitsamt ihrer Flora und Fauna, weil die Natur aufgrund von Minen und Beschuss keine Chance hat, sich zu erholen.

Libkos ein fotodokumentarisches Projekt

Die Gründer des Projekts, Konstantyn und Vlada, verfügen über umfassende Erfahrung im Filmen an einigen der gefährlichsten Abschnitte der Front. Dadurch ermöglichen sie es der Welt, das Ausmaß der menschlichen und ökologischen Zerstörung in Echtzeit zu verfolgen.

Libkos

Umweltschutz im Krieg

In Zeiten, in denen sich die globale Klimakrise mit beängstigender Geschwindigkeit zuspitzt und bewaffnete Konflikte viele Länder auf der ganzen Welt in Mitleidenschaft ziehen und unermessliches menschliches Leid verursachen, senden die Widerstandsfähigkeit und der Widerstand der ukrainischen Zivilgesellschaft, der Umweltorganisationen und der Aktivist:innen eine klare Botschaft: Die Natur sollte niemals ein untergeordnetes Thema sein. Das Wichtigste, was die Welt aus der ukrainischen Erfahrung lernen kann, ist, dass man auch in Zeiten schwerer Krisen weiter Umweltschutz betreiben kann und sollte. Bohdan Kutschenko sagt hierzu:

Was die wertvollen Erfahrungen angeht, welche die Ukraine mit der Welt teilen kann, so ist es für mich die Art und Weise, wie sich zivilgesellschaftliche Organisationen oder Umweltinstitutionen an die neuen Kriegsbedingungen angepasst haben. [...] Die Menschen setzten ihre wichtige Arbeit fort, auch unter den Bedingungen der Besatzung. Ein bekannter Fall ist zum Beispiel das Biosphärenreservat Askania Nova. Es ist zwar nicht das einzige, das [unter der Besatzung] seine Arbeit fortsetzen konnte. Dabei waren die Arbeiter:innen in der Lage, das Reservat über ein Jahr lang weiterzuführen, einschließlich der wissenschaftlichen Aktivitäten, solange es möglich war.

Und selbst jetzt, wo es nur noch technische Arbeitskräfte gibt, die sich um die Tiere kümmern, und obwohl gibt es natürlich Fälle, in denen die Besatzer begonnen haben, einige Tiere nach Russland zu transportieren, arbeiten diejenigen, die geblieben sind, solange es möglich ist. Mit Unterstützung der lokalen Bevölkerung arbeiten sie für die Erhaltung, denn diese Tiere befinden sich schließlich nicht unter völlig natürlichen Bedingungen, und ohne Aufsicht wird diese einzigartige Sammlung von Tieren, die vor über 100 Jahren geschaffen wurde, einfach sterben.

Diese Arbeit unter den Bedingungen der Besatzung ist zwar ein klares Zeichen für enorme Hingabe und Tapferkeit, aber das Leben und die Sicherheit dieser Arbeiter:innen sind ernsthaft bedroht, da Zivilist:innen, die unter der Besatzung leben, willkürlich von den russischen Streitkräften gefoltert, unrechtmäßig inhaftiert und verschwinden können, wie Human Rights Watch berichtet. Die zunehmende Militarisierung der Schutzgebiete, die oft als Übungs- und Raketenabschussplätze genutzt werden, schafft zusätzliche Sicherheitsrisiken.

Da die regionalen Ökosysteme eng miteinander verbunden sind, ist die Arbeit zur Milderung der Umweltauswirkungen des Krieges am effektivsten, wenn sie in Zusammenarbeit zwischen den Ländern erfolgt. Gemeinsame Forschungs- und Wiederherstellungsarbeiten, die sich auf das Fachwissen sowohl der EU als auch der ukrainischen Umweltschützer:innen stützen, sind nicht nur eine gegenseitige Bereicherung, sondern haben auch eine höhere Erfolgswahrscheinlichkeit.

„Ich denke, es ist wichtig, Ukrainer:innen im Ausland und ukrainische NGOs zu unterstützen, die Umweltschutz betreiben. [...] Scheuen Sie sich nicht, über Lwiw und Kyjiw hinauszugehen, um mit eigenen Augen die Auswirkungen des Krieges nicht nur auf die Infrastruktur, sondern auch auf die Umwelt zu sehen. Werden Sie auf kommunaler Ebene aktiv, bauen Sie eine Zusammenarbeit nicht nur zwischen Ländern, sondern auch zwischen kleinen Gemeinden auf, und helfen Sie an der Basis. Dabei kann es sich um eine kleine Initiative handeln — Hilfe bei der Wiederherstellung eines Waldstückes, bei der Renaturierung bereits entminter Gebiete oder der Ufer von Stauseen, bei der Durchführung einer gemeinsamen Berechnung der Population von Arten, die unter dem Krieg leiden. ... Die Hauptsache ist, nicht gleichgültig zu sein und daran zu glauben, dass nicht nur auf staatlicher Ebene etwas getan werden kann.” meinte Anastasiia Bondarenko.

Wie zuvor dargelegt, ist die ukrainische Gemeinschaft von Umweltaktivist:innen, Forschenden und Freiwilligen stark und hat bewiesen, dass sie in der Lage ist, trotz der zahlreichen Herausforderungen des Krieges sinnvolle Maßnahmen zum Schutz der Natur und der Tierwelt zu ergreifen. Ein Großteil dieser Arbeit wäre jedoch ohne die Unterstützung von umweltbewussten Menschen aus aller Welt kaum möglich. Auch wenn praktische Hilfe, wie die Teilnahme an Rettungs- und Forschungsmissionen, für viele nicht möglich ist, so ist doch ein wichtiger erster Schritt, der Ukraine zu helfen, indem man sich über die von Russland begangenen Umweltverbrechen informiert und seine Stimme erhebt.