Manifest der ukrainischen Zivilgesellschaftsorganisationen: Aktionsagenda zur Unterstützung der Ukraine für die Europawahlen 2024
Vor den Europawahlen 2024 vereinen wir, ukrainische Zivilgesellschaftsorganisationen mit Sitz in der Europäischen Union (EU), uns, um dieses Manifest zu präsentieren, das unsere gemeinsame Vision, Werte und Bestrebungen widerspiegelt. Unsere Mission ist es, für den Sieg der Ukraine, einen nachhaltigen Frieden mit Sicherheitsgarantien für die Ukraine und die Rolle der Ukraine in der EU einzutreten – was wir für wesentlich halten, um Demokratie, Sicherheit, Menschenrechte und Wohlstand auf dem Europäischen Kontinent zu wahren. Wir glauben, dass die Ukraine viel zu einem stärkeren, inklusiveren und friedlicheren Europa beitragen kann. Unser Manifest skizziert die Prinzipien und Prioritäten, von denen wir fest überzeugt sind, dass sie mit Millionen von Menschen in der gesamten EU resonieren.
Im Hinblick auf die bevorstehenden Europawahlen 2024 fordern wir die Europäischen politischen Parteien und Gruppen auf, ihre Verpflichtung und Unterstützung für den Weg der Ukraine hin zu nachhaltigem Frieden, wirtschaftlicher Erholung und Wiederaufbau, Demokratie und Gerechtigkeit zu bekunden. Die folgenden Schlüsselbereiche sollten Priorität haben.
I. Ukraines Europäische Bestrebungen: Unterstützung des EU-Beitritts der Ukraine
Wir glauben, dass das Schicksal der Ukraine eng mit der EU verknüpft ist. Wir sehen eine Zukunft vor uns, in der die Ukraine vollständig in die europäische Familie integriert ist und zu den gemeinsamen Werten der Demokratie, Freiheit und Menschenrechte sowie zur Entwicklung der EU-Wirtschaft beiträgt. Daher fordern wir alle europäischen politischen Parteien auf, die europäischen Bestrebungen der Ukraine in ihren Programmen anzuerkennen und die europäische Integration der Ukraine zu unterstützen.
II. Demokratie und Rechtsstaatlichkeit: Diese Prinzipien in den internen und externen Politiken und Entscheidungen der EU wahren und demokratische Reformen in der Ukraine unterstützen
Wir sind der Überzeugung, dass Demokratie und Rechtsstaatlichkeit unerlässliche Voraussetzungen für ein friedliches und wohlhabendes Europa sind. Dennoch sind diese grundlegenden Prinzipien nicht nur von Russland, sondern auch von verschiedenen autoritären Regimen weltweit bedroht. Europäische Parteien sollten deren Wahrung auf nationaler, europäischer und globaler Ebene uneingeschränkt sicherstellen.
Mit schwerem Herzen erkennen wir den kontinuierlichen Mut und die Opferbereitschaft der Männer, Frauen und Kinder der Ukraine an, die sich für diese geschätzten demokratischen Prinzipien einsetzen. Die tapferen Seelen, die sich angesichts des russischen Terrorismus und der raschistischen Ideologie der Verteidigung der Demokratie widmen, verkörpern das Wesen der Werte, die uns am Herzen liegen. Die Verluste der Ukraine in diesem edlen Anliegen dienen als eindringliche Erinnerung an die Dringlichkeit, dass europäische politische Parteien Mut und Solidarität zeigen müssen. Die Bedrohungen für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sind keine abstrakten Begriffe, sondern harte Realitäten, denen diejenigen an der Frontlinie des Kampfes zwischen Demokratie und Autokratie gegenüberstehen.
Angesichts des Krieges Russlands gegen demokratische Werte, die den Kern der EU ausmachen, müssen europäische Führungskräfte alles daran setzen, diese Werte zu bewahren. Dies ist essenziell, um die Souveränität der EU in der Zukunft, die Sicherheit und den Wohlstand der Bürger*innen angesichts der größten Bedrohung für die Weltordnung und die Rechtsstaatlichkeit seit dem Zweiten Weltkrieg zu verteidigen. Wir fordern außerdem die Unterstützung demokratischer Reformen und Transformationen in der Ukraine, die Stärkung der Zivilgesellschaft, Transparenz und Rechenschaftspflicht.
III. Frieden und Sicherheit: Kontinuierliche wirtschaftliche und militärische Unterstützung für die Ukraine und zukünftige Friedensgarantien
Wir unterstützen das Manifest für nachhaltigen Frieden “Nie wieder 2.03” der Vertreter der ukrainischen Zivilgesellschaft und fordern alle europäischen Parteien auf, es in ihre Programme aufzunehmen. Die volle Unterstützung der Ukraine bis zum Sieg erfordert kontinuierliche militärische, wirtschaftliche und politische Rückendeckung bis zum vollständigen Abzug der russischen Truppen aus allen besetzten Gebieten und der Wiederherstellung der ukrainischen Grenzen von 1991.
Die Ukraine verdient nicht nur Gerechtigkeit für die von Russland begangenen Verbrechen, sondern benötigt auch klare Zusicherungen für einen nachhaltigen Frieden. Der Weg dorthin beinhaltet den Beitritt der Ukraine zur EU und zur NATO. Die Entmilitarisierung und Entnuklearisierung der Russischen Föderation sind entscheidend, um das Risiko zukünftiger Aggressionen zu minimieren. Darüber hinaus wird Europa durch die Unabhängigkeit von allen russischen Energiequellen nicht nur die Möglichkeit nehmen, Energieversorgung als Waffe einzusetzen, sondern auch den Übergang zu grüner Energie in der EU beschleunigen. Ein nachhaltiger Übergang erfordert eine vollständige Abkehr von russischen Ressourcen, insbesondere von seltenen Erden, verflüssigtem Erdgas oder anderen.
Die politischen Führungskräfte der EU sollten den wirtschaftlichen Druck auf Russland weiter erhöhen, indem sie Sanktionen verschärfen, Schlupflöcher schließen, alle Formen von Energie verbieten und alle eingefrorenen russischen Vermögenswerte in der EU umleiten, um die Verteidigung und den Wiederaufbau der Ukraine zu unterstützen.
IV. Gerechtigkeit: Russland für seinen Angriffskrieg voll zur Verantwortung ziehen
Wie im Manifest für nachhaltigen Frieden hervorgehoben wird, erfordert die Verwirklichung nachhaltiger internationaler Sicherheit gleichzeitige Schritte in Richtung Gerechtigkeit und Frieden. Es ist notwendig, Russland für den Krieg voll und ganz zur Rechenschaft zu ziehen und ihm die volle Verantwortung zu geben. Diejenigen, die für Gräueltaten verantwortlich sind, müssen zur Rechenschaft gezogen werden – sei es für Angriffshandlungen, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Völkermord, erzwungene Massendeportationen oder für die Verbreitung des Hasses, der einen noch nie dagewesenen Krieg im 21. Jahrhundert entfacht hat.
Zwar können nicht alle Verluste vollständig ausgeglichen werden, doch ist eine gründliche Bewertung des materiellen Schadens unerlässlich. Dazu gehört auch eine Bewertung der Schäden an den natürlichen Ökosystemen der Ukraine, die durch den russischen Angriffskrieg verursacht wurden. Wir müssen Russland auch für die immensen menschlichen Verluste und den Schock zur Rechenschaft ziehen, den Hunderttausende von Menschen, die ihr Leben verloren haben, und Millionen, die Angehörige verloren haben, erlitten haben. Entschädigungen sollten in angemessener Weise festgelegt und gezahlt werden. Unter anderem sollten sich die europäischen Parteien nachdrücklich für die Beschlagnahmung russischer Vermögenswerte und deren Verwendung für den Wiederaufbau der Ukraine einsetzen. Um die Rechenschaftspflicht zu stärken, muss Russland einen erheblichen Statusverlust hinnehmen. Es sollte von der Einflussnahme auf die internationale Politik durch Organisationen wie den UN-Sicherheitsrat ausgeschlossen werden. Ein Aggressor sollte keine Position in einem Gremium innehaben, das den Weltfrieden sichern soll.
V. Wirtschaftlicher Wohlstand und wirtschaftliche Wiederbelebung: Unterstützung von Reformen zum Wiederaufbau und zur Entwicklung einer widerstandsfähigen Wirtschaft der Ukraine
Wir streben nach einer wohlhabenden Ukraine in der EU, die Innovation, Unternehmertum und Entwicklung hin zu einer widerstandsfähigen und nachhaltigen Wirtschaft fördert. Wir fordern Maßnahmen, die ein günstiges Geschäftsumfeld schaffen, Korruption bekämpfen und eine gerechte Verteilung des Wohlstands gewährleisten.
Millionen in der EU lebende Ukrainer*innen stellen ein unschätzbares Gut dar, fähig, sowohl den EU-Ländern als auch der Ukraine durch den Austausch von Wissen und Erfahrungen Vorteile zu bringen. Dies kann erheblich zu den Wiederaufbaubemühungen der Ukraine beitragen. Wir setzen uns nachdrücklich für die Entwicklung von Programmen ein, die die zirkuläre Migration fördern und die Einrichtung von Geschäfts- und Forschungskooperationen unterstützen, die gegenseitig vorteilhafte wirtschaftliche Verbindungen zwischen der Ukraine und den EU-Mitgliedstaaten fördern können.
VI. Umweltverantwortung: Umweltschutz und Nachhaltigkeitsprinzipien in der Nachkriegs-Wirtschaftsrekonstruktion priorisieren
Wir setzen uns für die Förderung von Umweltnachhaltigkeit und den Kampf gegen den Klimawandel ein. Wir befürworten verantwortungsvolle Umweltregelungen und den Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft, die die planetarischen Grenzen respektiert. Der Schutz unseres Planeten ist eine gemeinsame Verpflichtung, die von allen Europäer*innen geteilt wird. Wir fordern die EU auf, die Nachkriegsreformen auf der Grundlage der Prinzipien der Klimaneutralität, der Kreislaufwirtschaft und des Erhalts der biologischen Vielfalt in Einklang mit den Prinzipien des Europäischen Grünen Deals zu unterstützen.
Die anhaltenden ökologischen Schäden, die Russland in der Ukraine verursacht, wie durch die Zerstörung des Kachowka-Staudamms verdeutlicht, unterstreichen die dringende Notwendigkeit für alle EU-Nationen, die für Ökozid und ähnliche Umweltkatastrophen Verantwortlichen anzuerkennen und zu verfolgen. Daher fordern wir die europäischen Parteien auf, Ökozid als Verbrechen gegen die Menschlichkeit in die europäische Gesetzgebung aufzunehmen.
Ebenso wichtig sind die Bekämpfung des nuklearen Terrors und die Abschreckung möglicher nuklearer Katastrophen, die durch russische Aktionen provoziert werden, wobei die russische Eroberung der Kernkraftwerke Tschornobyl und Saporischschja als schockierende Präzedenzfälle gelten.
VII. Europäische Identität und Kultur: Bemühungen zur Bewahrung und Förderung der ukrainischen Kultur unterstützen
Wir feiern die Vielfalt der europäischen Kulturen und Sprachen. Wir fördern die Erhaltung des kulturellen Erbes und die Förderung des interkulturellen Dialogs. Ein starkes Europa umarmt sein reiches Geflecht an Identitäten.
Als Reaktion auf Russlands systematische Verbrechen gegen die ukrainische Kultur fordern wir die europäischen politischen Parteien auf, eine entschlossene Haltung gegen diese Aktionen einzunehmen. Dies beinhaltet die Verurteilung der absichtlichen Zerstörung und des Diebstahls des ukrainischen Kulturerbes durch Russland, als Teil eines breiteren Musters von Kriegsverbrechen anerkannt.
Westliche Gesellschaften müssen ihre Stereotypen über die russische Größe, wie sie über Jahrhunderte von der russischen Propaganda genährt wurden, ablegen. Diese haben seine imperialistische Aggression und kolonialen Politiken gegenüber Nachbarländern angeheizt. Die ukrainische Kultur sollte von der russischen entkoppelt werden, indem ihr einzigartiges kulturelles Erbe anerkannt und der Mythos der „Brudernationen“ widerlegt wird. Die EU sollte das Bewusstsein dafür schärfen, dass die ukrainische Sprache einzigartig und unabhängig von der russischen Sprache ist, insbesondere indem sie in diplomatischen und kulturellen Kommunikationen gleichberechtigt behandelt wird.
Europäische Parteien sollten ihre Unterstützung für Bemühungen zur kulturellen Erhaltung durch die Bereitstellung von Expertenwissen, finanzieller und logistischer Unterstützung für ukrainische Kultureinrichtungen und Organisationen ausdehnen, die sich bemühen, wertvolle Kunstgegenstände und Kunstwerke, die beschädigt oder gestohlen wurden, zu bewahren und wiederherzustellen. Darüber hinaus kann die Förderung von Partnerschaften mit europäischen Museen und kulturellen Einrichtungen entscheidend sein, um gestohlene kulturelle Schätze zu bergen und zu rehabilitieren.
Zusätzlich fordern wir zukünftige europäische Führungskräfte auf, das historische Bewusstsein zu schärfen und die Bemühungen zur Förderung der ukrainischen Kultur auf internationaler Ebene zu unterstützen, indem sie diplomatische Kanäle, Medienplattformen und den öffentlichen Diskurs nutzen, um die kulturellen Verbrechen Russlands in der Ukraine von der Geschichte bis heute zu beleuchten. In Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen wie der UNESCO sollten sie Bemühungen vorantreiben und konkrete Maßnahmen ergreifen, um das ukrainische Kulturerbe weltweit zu bewahren.
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Auf unserem Weg nach vorne, vereint in unserer Vision, laden wir die europäischen Bürger*innen und politischen Entscheidungsträger*innen ein, sich uns anzuschließen und ein stärkeres und widerstandsfähigeres Europa zu unterstützen. Gemeinsam können wir einen Kontinent aufbauen, der Freiheit, Demokratie und Menschenrechte schätzt und in dem alle Nationen, einschließlich der Ukraine, zu einer besseren Zukunft für kommende Generationen beitragen.
Unterzeichner*innen des Manifests:
Marta Barandiy, Gründerin und Präsidentin, Promote Ukraine, Belgien
Khrystyna Monastyrska, Koordinatorin, Unlimited Democracy – Verein zur Förderung der
Demokratisierung, Österreich
Kseniia Mukhortova, Mitbegründerin und Herausgeberin, UKRCY.News, Zypern
Svyatoslav Kalishchuk, Mitbegründer, Spilka, Tschechische Republik
Julia Chenusha, Geschäftsführerin Blau-Gelbes Kreuz Deutsch-Ukrainischer Verein e.V., Deutschland
Hanna Slobodyanyuk, Vorstandsmitglied, IWEK, Mykolaiv Water Hub, Deutschland
Iryna Shulikina, Geschäftsführerin, Vitsche E. V., Deutschland
Vassili Goutsoul, Vorstandsvorsitzender, Ukrainischer Verband in Finnland, Finnland
Anastasiia Shapochkina, Präsidentin, Eastern Circles, Frankreich
Ivanna Pinyak, Mitbegründerin, PromoUkraїna, Frankreich
Iryna Katyuk, Präsidentin, Spilka Paris, Frankreich
Edward Mayor, Mitbegründer und Präsident, Stand With Ukraine Europe, Frankreich
Lesia Ignatyk-Eriksen, Vorsitzende, Association at Ukrainere i Danmark, Dänemark
Yuliia Kryzhanovska, Vizepräsidentin, Ukrainische Frauen in Griechenland, Griechenland
Olena Redrugina, Mitbegründerin und Vorstandsmitglied, Ukrainian Action in Ireland, Irland
Maryana Semenyak, Vorstandsmitglied, Associazione Cristiana degli Ucraini in Italia, Italien
Zoia Stankovska, Präsidentin, UAMi, Italien
Federica Antonacci, ItalianaforUkraine, Italien
Inna Yaremenko, Vizepräsidentin, LUkraine, Luxemburg
Oksana Savchuk, Mitbegründerin, VATAHA Foundation, die Niederlande
Emma Zahynaiko, Koordinatorin, Euromaidan Warszawa + Stand with Ukraine Foundation,
Polen
Stanislav Olenchenko, Mitbegründer, Ukraine Explainers, Polen/Ukraine
Andrii Vovk, Freiwilliger, Support Ukraine Slovakia, Slowakei
Liliya Mykolaiv, Präsidentin, ConUkrania, Spanien
Maksym Girnyk, Sprecher, Nordic Ukraine Forum, Schweden
Hat Eure Organisation Interesse, das Manifest zu unterzeichnen? Dann setzt Euch gern direkt mit der Organisation Promote Ukraine zu Verbindung.